Mein erster Roman – einfach drauflos schreiben?

Lesende Frau

“Schreiben kann jeder, man muss es nur tun!”, ist eine Aussage, die ich so oder ähnlich schon in Schreibratgebern für Anfänger gelesen habe. Dann setzt sich der belesene Jungautor an den PC und schreibt – ohne tiefere Kenntnisse über das Schreibhandwerk zu besitzen – seinen Debütroman, von dem er erwartet, dass er ein Bestseller wird.

Ob das klappt? Ich bezweifle es. Kann ich ein Haus bauen, nur weil ich in einem lebe? Kann ich ein Flugzeug fliegen, nur weil ich schon oft geflogen bin? Kann ich ein Siebengang-Menü kochen, nur weil ich gerne und häufig in gehobenen Restaurants esse?

Sie sehen, im normalen Leben gibt es Vieles, das man nicht einfach so kann. Jedes Handwerk, jede Arbeit muss erlernt werden. Sonst schaut nichts dabei heraus.

So ist es auch mit dem Schreiben. Es ist ein Handwerk mit Regeln und Rahmenbedingungen, die man beherrschen muss, bevor man sie brechen kann.

Dies sind unabdingbare Grundlagen zum Schreiben eines Romans:

  • Rechtschreibung und Grammatik. Auch wenn es Lektoren und Korrektoren gibt, die solche Fehler finden und ausmerzen, gehört es doch zum Handwerk des Schreibens, dass man eine vertiefte Ahnung davon hat, wie man schreibt.
  • Zeichensetzung. Sie ist eng mit obigem Punkt verwandt, und doch möchte ich sie explizit nennen. Es gibt Regeln, wie man Zeichen in Dialogen setzt, wann Kommas notwendig sind und ob man beliebig Ausrufezeichen hin pflastert.
  • Satzbau und Rhythmus. Kurze und längere Sätze können einen wohlklingenden Rhythmus erzeugen, der das Lesen angenehm macht. Man muss aber darauf achten, lange, verschachtelte Sätze möglichst zu vermeiden und zu entflechten. Man sollte immer die Zielgruppe im Auge behalten und so schreiben, dass sie das Buch angenehm und fliessend lesen kann und durch komplizierte oder gar unverständliche Sätze nicht aus dem Lesefluss gerissen wird.
  • Storyplot. Das ist der grosse Ablauf der ganzen Geschichte. Es gibt unzählige Plotstrukturen, die aber letztlich alle auf der uralten Erzählstruktur von Aristoteles basieren: 1. Akt (1. Viertel), 2. Akt (2. + 3. Viertel), 3. Akt (4. Viertel). Mehr dazu an anderer Stelle.
  • Szenenaufbau. Man kann so spannend schreiben, dass der Leser einfach die Seite drehen muss, um zu erfahren, wie es weitergeht. Das hat aber nicht so sehr mit spannenden Handlungen zu tun, als vielmehr mit der richtigen Technik, wie eine Szene aufgebaut wird. Mehr dazu an anderer Stelle.

Wer sich mit diesen Punkten auseinandersetzt und sie übt, schreibt sehr bald sehr viel bessere Romane, die gerne gelesen werden. Dann macht es Sinn, Geld für ein Lektorat auszugeben. Der Lektor korrigiert Fehler und legt den Finger auf Schwachstellen. Eine sauber aufgebaute Geschichte kann dann mit vertretbarem Aufwand veredelt werden. Eine Geschichte, der es auf allen Ebenen an Aufbau und Fachwissen fehlt, kann auch vom besten Lektor nicht zurecht gerückt werden.